Ausrüstung von Wollfasern

Ausrüstung von Wollfasern

Der folgende Beitrag ist etwas lang geworden, ich finde aber wichtig, dass man zu diesem Thema alle nötigen Informationen bekommt, um sich selbst ein Bild zu machen und den für sich und seine Lebensumstände geeigneten Stoff/Kleidung zu finden.
Heute soll es also um die aktuell gängigen Ausrüstungen für Wolle bzw. Wollstoffe und meine persönliche Einschätzung dazu gehen.
Kurz jedoch vorab: Ich bin keine Chemikerin oder Physikerin und kann hier deshalb nur das wiedergeben und für mich bewerten, was ich an Informationen bei meiner ausführlichen Recherche zu diesem Thema in den letzten Monaten herausfinden konnte. Ich bin begeistert von der Wollfaser und ihren zahlreichen positiven Eigenschaften und wollte einfach herausfinden, wieso manche Stoffe selbst im Wollprogramm eingehen und andere sogar das Baumwollprogramm unbeschadet überstehen können. Hierbei bin ich auf verschiedene Verfahren gestoßen, die von den Produzenten angewendet werden, um die Wollfaser waschbeständiger zu bekommen. Denn wer träumt nicht davon, die tollen Vorteile der Wolle nutzen zu können und sie dabei aber einfach mal eben in die Waschmaschine schmeißen zu können?
Hintergrund bzw. Ziel aller dieser Verfahren ist es, die Schuppen bzw. Haken auf der Oberfläche der Wollfasern zu glätten, damit sich diese nicht mehr verhaken und die Wolle verfilzt.
Beginnen möchte ich mit einem Verfahren, das Vielen bereits ein Begriff sein dürfte, nämlich das "Superwash“ bzw. „Hercosett-Verfahren“.
Hierbei werden kurz gesagt die Schuppen mit Hilfe von Chlor geglättet bzw. teilweise abgelöst. Um das Chlor zu neutralisieren ist dann wiederum eine Behandlung mit alkalischen Sulfiten notwendig. Anschließend werden die Fasern mit einer dünnen Schicht Polyamid-Epichlorhydrinharz überzogen. Dieses ist waschbeständig und führt eben dazu, dass das Kleidungsstück später im normalen Programm der Waschmaschine gewaschen und teilweise sogar in den Trockner kann. Leider gelangen bei diesem Verfahren viele Chlorverbindungen, AOX (adsorbierbare, organisch gebundene Halogene) und umweltbelastende Hilfsmittel in das Abwasser.
Außerdem passiert es häufig, dass ganze Kammzüge bei der Beschichtung mit dem Kunstharz verkleben, so dass sie unbrauchbar werden. Außerdem hat der Bekleidungshersteller Dilling nach eigenen Angaben (https://www.dilling-unterwaesche.de/.../Vergleich.../) in unabhängigen Untersuchungen in Kleidungsstücken aus superwash behandelter Wolle Rückstände von Chlor und anderen Chemikalien finden können.
Neben den umweltschädlichen Aspekten dieses Verfahrens stellt sich natürlich auch die Frage: Welche Auswirkungen hat dies auf die Eigenschaften der Wolle?
Wie oben bereits beschrieben, wird die Faser mit einem Kunstharz ummantel. Zwar ist die Schicht sehr dünn (unter 1% und muss deshalb auch nicht im Textiletikett aufgeführt werden), jedoch wage ich stark zu bezweifeln, dass die Wolle durch die Polyamid-Schicht hindurch ihre Wärme regulierenden, selbstreinigenden Eingenschaften behalten kann. Meine persönliche Erfahrung mit superwashbehandeltem Merinojersey, (von dem ich zu Beginn nicht wusste, dass er superwash behandelt ist), war folgende:
Das Kleidungsstück roch deutlich schneller nach Schweiß und einfaches Auslüften reichte nicht, es musste also sehr oft gewaschen werden. Ebenso ließ sich Schmutz nicht einfach ausbürsten, weil er nicht auf der Oberfläche haftete, sondern in das Gewebe „einzog“. Außerdem perlte das Wasser hier nicht so schön ab, sondern wurde vom Stoff aufgenommen. Ich hatte zwar den Eindruck, dass das Kleidungsstück durchaus wärmender war, als normale Baumwolle, jedoch hab ich darin auch schneller geschwitzt, was wiederum zu mehr Geruch und erneutem Waschen geführt hat.
Alles in allem habe ich für mich beschlossen keine Superwash behandelten Stoffe mehr zu kaufen. Ein paar wenige habe ich noch hier und diese werden auch noch ihre Bestimmung finden, da ich sie auch nicht einfach wegwerfen möchte.
Neben dem Superwash-Verfahren gibt es noch die Möglichkeit, Wolle mit Hilfe von Enzymen waschbeständiger und weicher zu machen und die Schuppenschicht so etwas zu glätten. Diese Ausrüstung nennt sich "LANAZYM-Verfahren".
Hierbei werden Protease-Enzyme eingesetzt, welche die Schuppenschicht so verändern, dass sie sich nichtmehr so leicht verhaken kann. Außerdem wird hierdurch nach Angaben des Anbieters des Verfahrens die Pilling-Neigung der Wolle reduziert (https://drpetry.de/.../lanazym-verfahren-filzfreie-wolle...).
Dieses Verfahren gilt als umweltfreundlichere Alternative zum superwash-Verfahren.
Enzyme im Allgemeinen kommen auf natürliche Weise zB. In Hefe vor, oder in Käse und werden unter anderem vom Bakterien, Pilzen aber auch von tierischen Organismen und auch dem Menschen produziert.
In ihrer Dissertation (http://publications.rwth-aachen.de/.../62025/files/62025.pdf) hat Barbara Hollfelder (Dipl. Chemikerin) verschiedene Enzyme und deren Wirkung auf Wolle mit dem Ziel der Griffverbesserung und Filzfreiausrüstung getestet. Sie berichtet davon, dass die Behandlung vor allem bei Crossbred-Wolle große Unterschiede brachte, weniger bei Merinowolle. Des weiteren weist die Autorin an verschiedenen Stellen auf eine geringere Reißfestigkeit hin, wenn die Wolle zu lange oder mit zu hoher Konzentration der Enzyme behandelt wurde.
Dies ergibt für mich durchaus Sinn, denn die Schuppenschicht gibt der Faser ja auch Stabilität. Entfernt man diese zu sehr, wird die Faser schneller brüchig.
Unklar bleibt für mich, welches Enzym nun letztendlich eingesetzt wird, um die Wollfasern zu glätten und woher dieses gewonnen wird. Außerdem würde mich interessieren, ob es bei diesem Verfahren Rückstände, Abfälle oder Nebenprodukte gibt und welchen Einfluss diese auf die Natur (und den Menschen) haben. Hierzu habe ich leider bisher keine Informationen finden können.
Neben den beiden eher chemischen Verfahren zur Filzfreiausrüstung gibt es noch das so genannte "Naturetexx-Plasma-Verfahren" wofür die Südwollegroup (http://www.naturetexxplasma.com/) bereits mehrere Preise erhalten hat.
Hier werden die Wollfasern ganz ohne den Einsatz von Chemie, allein durch ein Plasmafeld geglättet. Hier reagieren Elektronen und Ionen mit den Wollfasern und glätten die Oberfläche. Hierfür werden Gasmoleküle mit Hilfe von Elektrizität in einer speziellen Maschine Ionisiert. Ich kann euch den genauen Prozess leider nicht erklären, stelle es mir aber irgendwie vor, wie die Ionentechnologie im Föhn, die die Haare ja auch glatter machen soll??? Verbessert mich gerne, wenn ich da ganz falsch liege.
Die eingesetzte Elektrizität stammt hierbei aus erneuerbaren Quellen und das Verfahren entspricht GOTS und IVN Best Standards.
Da die beiden zuletzt genannten Verfahren lediglich die Oberfläche der Wolle glätten, diese jedoch nicht permanent umhüllt wird oder ähnliches, ist sie nicht ganz so waschbeständig wie Superwash-Wolle. Diese hat bei mir bereits mehrfach eine 60 oder gar 90 Grad Wäsche im Baumwollprogramm der Waschmaschine Veränderungslos überstanden. Weniger stark behandelte Wolle kann durchaus auch mal eine 40 oder gar 60 Grad Wäsche überstehen, es kann jedoch trotzdem passieren, dass die Kleidungsstücke mit der Zeit verdichten.
Wie sieht nun mein persönliches Fazit aus?
Ich denke, eine schonende Behandlung/Ausrüstung der Wolle, wie das Naturetexx-Verfahren sind durchaus sinnvoll für Kleidungsstücke, die trotz der tollen selbstreinigenden Eigenschaften der Wollfaser öfter gewaschen werden müssen. Gerade für kleine Wirbelwinde und Weltentdecker.
Ich persönlich bevorzuge für viele Zwecke dennoch weiter komplett unbehandelte Wolle, denn ich habe den Eindruck, dass hier die Wärmeregulationswirkung einfach nochmal ein wenig besser ist, als bei behandelter Wolle.
In diesem Beitrag (https://www.lanade.de/blog/superwash/) in dem es um Strickwolle geht, berichtet die Autorin, dass sie den Eindruck hat, dass (Superwash) behandelte Wolle mit den Jahren ihre Spannkraft verliert und die daraus gefertigten Kleidungsstücke schneller ausleiern und erklärt dies mit der fehlenden Struktur durch die ineinander greifenden Schuppen. Dies müsste dann ja für behandelte Wolle im allgemeinen gelten, denn die Schuppenschicht wird ja bei allen Verfahren geglättet oder entfernt.
Ich persönlich habe über Woll-Stoffwindeln zur Naturfaser Wolle gefunden und experimentiere auch gerne mit Wollstoffen. So habe ich vergangenen Sommer einen unbehandelten Wolle/Seide Stoff absichtlich etwas verdichtet, um ihn robuster zu machen. So habe ich einen schön dünnen, robusten und doch dehnbaren angewalkten Jersey erhalten, der trotz Krabbeln als Hose den ganzen Sommer über standgehalten hat. Ich habe jedoch auch eine Waschmaschine, die die unbehandelten Stoffe sehr pfleglich behandelt und hatte bisher nach dem Vorwaschen keinerlei Probleme mit schrumpfenden Kleidungsstücken. Andere berichten allerdings, dass ihre Kleidungsstücke aus unbehandelter Wolle eines bestimmten Herstellers immer weiter geschrumpft sind, bei jeder weiteren Wäsche.
Ich denke für Erwachsenenkleidung, die nicht so häufig gewaschen werden muss, Bodys oder Kleidung für Liegebabys (vielleicht nicht unbedingt Spuckbabys) ist unbehandelte Wolle sehr gut geeignet.
Bei manchen Stoffen würde es ja gar keinen Sinn machen, diese zu behandeln, wie zum Beispiel Walk oder Loden. Denn diese werden erst durch das Verfilzen zu dem Stoff, der sie sind. Hier kann man also immer davon ausgehen, dass sie nicht behandelt wurden. Es gibt aber nur wenige Hersteller auf dem Markt, die tatsächlich noch komplett unbehandelte Wolljerseys oder Wolle/Seide Jerseys anbieten. Dies ist sicherlich auch dem geschuldet, dass der Endverbraucher oft möglichst eine komfortable unkomplizierte Pflege der Stoffe ohne Einlaufen oder Verdichten wünscht. Ich finde jedoch wichtig zu wissen, dass diese Art der Behandlungen unter Umständen auch Nachteile mit sich bringen könnte.
Nun aber die Frage aller Fragen:
Wie erkennt man behandelte Wolle?
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass die Ausrüstung der Wolle nicht angegeben sein muss. Ein Blick ins Pflegeetikett kann Hinweise liefern. Ist ein Kleidungsstück zwar aus Wolle, darf aber normal bei 40 Grad in die Waschmaschine oder sogar in den Trockner, kann man ziemlich sicher sein, dass sie superwash behandelt ist. Sind hingegen zwei Striche unter dem Wäschesymbol, so bedeutet dies Wollwaschgang und das Kleidungsstück kann behandelt sein, muss es aber nicht. Eigentlich hilft nur die Nachfrage beim Hersteller. Manche Bekleidungshersteller oder Anbieter von Meterware werben aber auch offen mit der Ausrüstung ihrer Wollprodukte.
So wirbt Engel zum Beispiel hier damit, für die meisten Produkte Naturetexx zu nutzen:
Dilling zeigt in der hier zu sehenden Grafik, dass sie Enzyme benutzen um die Wolle zu glätten:
Wenn ihr weitere Fragen dazu habt, oder explizit behandelte oder nicht behandelte Stoffe wünscht, berate ich euch gerne bei eurer Stoffauswahl dahingehend!
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